Zahnarzt von Beruf, Archäologe im Herzen

Ein Interview mit Dr. Harald Fahrenholz (Wien)

 

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                Wie sind Sie zur Zahnheilkunde, und insbesondere zur Implantologie, gekommen? 

                 
                 
                 

                Mit 18 hatte ich eigentlich vor, Archäologe zu werden. Als es konkreter wurde, kam ich jedoch zur Einsicht, dass ich mit meinem Beruf auch Geld verdienen möchte. Dass ich am Ende Zahnarzt werden sollte, wusste ich anscheinend schon zu Schulzeiten: Im Philosophie-Unterricht fragte unser Lehrer einmal, welche Noten wir gern hätten, worauf ich antwortete: „Wahrscheinlich hätte ich eine 5 verdient, aber ich hätte trotzdem gerne eine 2. Wenn ich Zahnarzt werden will, brauche ich ein gutes Zeugnis.“ So kam es dann auch: Ich habe in Mainz Zahnmedizin studiert und mit Staatsexamen abgeschlossen.

                Anschließend zog es mich zurück in meine Heimat nach Bayern. Nach meinem Zivildienst am Klinikum rechts der Isar in München, wo ich meine chirurgische Grundausbildung durchlaufen habe und mit superiostalen Implantaten in Kontakt kam (welche ich fürchterlich fand), bekam ich eine Stelle bei Dr. Peter Kraus – nicht dem Schlagersänger, sondern einem großartigen Zahnarzt – angeboten. Bei ihm habe ich eine tolle Prothetik gelernt, über welche ich schließlich zur Implantologie kam. Mitte der Achtziger habe ich meine ersten klinischen Erfahrungen mit dem Friadent-Implantatsystem bei Axel Kirsch gemacht, bevor ich 1988 etwas von einem gewissen Herrn Brånemark hörte. Nach vielen CTC-Kursen (Clinical Training Courses), unter anderem in Göteborg und Stockholm, war ich 1989 dann einer der ersten Zahnärzte in München, der Brånemarksystem-Implantate setzte. 

                Wie kamen Sie schließlich von Titanimplantaten zu keramischen Implantatsystemen? 

                So wie das jeder tut, habe auch ich über viele Jahre hinweg verschiedenste Titanimplantate ausprobiert. Irgendwann wurde der Wunsch immer stärker, eine Privatordination zu eröffnen – und das ist in der Regel mit einem Ortwechsel verbunden. Um 2001 herum beschloss ich mit meiner damaligen Frau, die Österreicherin war, nach Wien zu gehen. Habe ich mich dort anfangs vorwiegend mit Prothetik beschäftigt, ließ ich mich 2007 nochmal neu nieder, und zwar mit einer Privatpraxis am Wiener Kohlmarkt mit einem Schwerpunkt in Implantologie. 2008 fragte mich dann mein Freund Johan Feith aus München, ob ich nicht mal sein eigens entwickeltes keramisches Implantatsystem aus Zirkoniumdioxid ausprobieren wolle. Ich war sofort Feuer und Flamme und sah darin eine tolle Möglichkeit, mich von anderen abzuheben – in Wien hatte zu dieser Zeit niemand Keramikimplantate gesetzt. Also habe ich sein ZV3-Implantatsystem, das heute unter dem Namen Patent™ Dental Implant System bekannt ist, ausprobiert. Vier Jahre später vollzog ich den einhundertprozentigen Wechsel von Titan auf Keramik. Zwar hatte ich auch verschiedene Keramikimplantate ausprobiert, allerdings kam ich immer zum Patent™ Implantatsystem zurück, da die Arbeit damit „super easy“ ist und es großartig funktioniert. Heute verwenden wir in meiner Ordination keine Metalle mehr, sondern ausschließlich gesunde Implantatmaterialien wie Zirkoniumdioxid. 

                Was war Ihre erste Erfahrung mit dem Patent™ Implantatsystem? Unterscheidet sich das chirurgische Handling stark von Titansystemen? 

                Die beiden ersten Patent™ Implantate habe ich bei einer Patientin im Oberkiefer rechts gesetzt. Das Vordere war ganz normal im Knochen inseriert. Da beim hinteren Implantat allerdings nur noch etwa 5 bis 6 mm Knochen bis zum Sinus vorhanden waren, entschied ich mich dazu, im Zusammenhang mit der Implantation einen Sinuslift durchzuführen. Ich habe genauso agiert, wie ich es früher mit Titanimplantaten getan hätte. Es gab keinen Unterschied – alles hat genauso funktioniert. Ich erinnere mich, dass diese Patientin sehr gesundheitsbewusst gewesen war und sich ausdrücklich gegen eine Versorgung mit Metall ausgesprochen hatte. Dies war der Startschuss für mich, endlich mit Zirkoniumdioxid loszulegen. Aus Gewohnheit habe ich anschließend hin und wieder nochmal zu Titan gegriffen. Aufgrund zunehmender Komplikationen entschied ich mich jedoch zeitnah, komplett auf Keramik umzusteigen, weil es damit deutlich weniger Probleme gibt. Wenn Keramikimplantate einmal eingeheilt sind, treten in der Regel nicht mehr wirklich Komplikationen auf. Mit dem Patent™ Implantatsystem habe ich beispielsweise bis heute keinen einzigen Periimplantitis-Fall in meiner Ordination erlebt. 

                Suchen Patienten heute vermehrt aktiv nach gesünderen Alternativen zu traditionellen Implantatmaterialien? 

                Als ich mit Keramikimplantaten angefangen habe, war das nicht der Fall. Da habe ich nur gesagt, dass Zirkoniumdioxid die bessere Wahl sei – und 95 Prozent meiner Patienten haben mitgemacht. Ich erinnere mich nur an eine Patientin, die ausdrücklich sagte, dass sie weiterhin Titan haben wolle. Diese Patientin war allerdings vor kurzem bei mir, da ihr Implantat aufgrund einer Periimplantitis wieder entfernt werden musste. Heute ist es so, dass meine Patienten oft schon gut vorinformiert sind und bewusst wegen Zirkoniumdioxidimplantaten zu mir kommen. Da viele Patienten von Zuweisern aus ganz Österreich kommen, wissen sie in der Regel, dass sie bei mir eine biologische und gesundheitlich nachhaltige Versorgung erwartet. Hinzukommt, dass eine metallfreie Versorgung mit dem Patent™ Implantatsystem – von Anfang bis Ende, inklusive Krone – unterm Strich nicht wirklich teurer ist als eine Versorgung mit Titan. Das liegt unter anderem daran, dass bei der Anwendung des Patent™ Implantatsystems deutlich weniger Komponenten benötigt werden. Es kommen auch vermehrt Patienten mit Vorerkrankungen, wie Krebs, zu uns, die sich ausdrücklich Versorgungen mit Zirkoniumdioxidimplantaten wünschen. Diese Patienten haben oft bereits Amalgam- und andere Sanierungen hinter sich – da kann man nicht mit Titanimplantaten ankommen; das geht einfach nicht. 

                In Ihren Studien dokumentieren Sie hervorragende klinische Langzeitergebnisse mit dem Patent™ Implantatsystem. Lassen sich derart nachhaltige Versorgungen auch mit Titanimplantaten erreichen?  

                Mit Titanimplantaten lassen sich solch langfristigen Behandlungserfolge in der Regel nicht erreichen. In unserer Praxis beispielsweise drehen wir relativ viele Titanimplantate nach einiger Zeit wieder heraus. Zum einen aus Gründen der Verträglichkeit: Die sich aus Titanimplantaten herauslösenden Titanpartikel können erhebliche Belastungen für die periimplantäre und die systemische Gesundheit von Patienten darstellen. Viele Patienten mit Titanimplantaten haben Schmerzen, auch wenn deren Implantate eigentlich fest im Knochen sitzen. Durch Tests wird oftmals festgestellt, dass viele dieser Patienten an einer Intoleranz gegenüber Titanpartikeln leiden. Zum anderen drehen wir viele Titanimplantate heraus, die schlichtweg eine Periimplantitis haben. Hier ist es wichtig, rechtzeitig zu handeln, und zwar ehe der Knochenverlust soweit fortgeschritten ist, dass man am Ende gar nichts mehr machen kann. Das hören Titanverfechter natürlich nicht gerne, aber leider ist es so. Ich bin bei weitem nicht der Einzige, der Titanimplantate aufgrund solcher Komplikationen wieder herausdreht.  

                Ihre Privatpraxis befindet sich am Kohlmarkt im ersten Wiener Gemeindebezirk. Wie ist die Stimmung dort? 

                Seit 2007 arbeiten wir hier am Kohlmarkt mit einem Team aus drei Helferinnen, die heute immer noch bei uns sind, was mich selbstverständlich sehr freut. In meiner Praxis herrscht eine familiäre Atmosphäre und unsere Rezeptionistin, Monika Lugauer, empfängt alle Patienten sehr herzlich. Zudem sieht es bei uns nicht so arg nach steriler Klinik aus – vielmehr duftet es nach frischgebrautem Kaffee. Wir verfolgen in der Ordination ein ganzheitliches Konzept im Sinne der biologischen Zahnheilkunde, das heißt, wir schauen nicht nur auf die Zähne, sondern auf den ganzen Körper. Da viele unserer Patienten auf Zuweiserbasis von anderen Ärzten zu uns kommen, wissen wir genau, welche Vorerkrankungen vorliegen und können entsprechend sensibel therapieren. Mit traditioneller Zahnmedizin nach dem Motto „hier mal ein Loch und da mal eine Krone“ hat das nicht mehr viel zu tun.

                Vielmehr helfen wir unseren Patienten, wieder gänzlich gesund zu werden. Vor kurzem kam eine Patientin zu uns, die nur noch mit Gehhilfen laufen konnte. Nachdem wir sie behandelt hatten, kam sie zwei Wochen später wieder in Praxis – diesmal ganz ohne Gehhilfen; sie konnte wieder normal laufen. Das hat uns alle sehr berührt. Zudem fahren wir mindestens einmal im Jahr alle gemeinsam in den Urlaub. Wir waren mit dem Team bereits in Marrakesch, Lissabon, Reykjavik und Istanbul und haben gefühlt halb Europa bereist. Auch sitzen wir abends öfter zusammen und trinken ein Gläschen Wein nach der Arbeit. Es herrscht schlichtweg ein toller Teamgeist in meiner Ordination – alle halten zusammen.




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